Mit fast 1,75 Millionen hörgeschädigten Menschen in Österreich zählt diese Gruppe zu der größten Behindertengruppe in diesem Land. Die letzten 9 Monate, bedingt durch die Covid-19-Maßnahmen der Bundesregierung, waren für Menschen mit Hörminderung geprägt von Angst, Verzweiflung und Diskriminierung: Die MNS-Maskenverodnungen verunmöglichten de facto Kommunikation zwischen Schwerhörigen und hörenden Gesprächspartner/innen. Denn ohne Mimik und Mundbild fehlt auch neben der besten Hörsystemversorgung ein wichtiger Teil, um Gesprächsinhalten folgen zu können. Lippenabsehen war nicht mehr möglich. 9 Monate hat der ÖSB unermüdlich gekämpft, dass die Bundesregierung in ihren Verordnungen zur Covid-19 Bekämpfung klar kommuniziert, dass Hörgeschädigte Ausnahmeregeln betreffend MNS-Maskenverwendung brauchen und bekommen. 9 Monate ist nichts geschehen. Es ist offenbar egal gewesen, dass betroffene Menschen im Privat- aber vor allem auch im Berufsleben an ihre Grenzen kamen. Das belegen sämtliche Rückmeldungen an den ÖSB und dessen regionale Mitgliedsvereine.
Fakt ist, dass nun mit der aktuellen Verodnung, die seit 27.11.2020 in Kraft getreteten ist endlich eine Ausnahme im Verordnungstext vorkommt:
In § 15 Abs 3 Z 4 der Notmaßnahmenverordnung steht nun:
„Die Pflicht zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht […] für gehörlose und schwer hörbehinderte Personen sowie deren Kommunikationspartner während der Kommunikation.“
Für uns als Interessensvertreter der Schwerhörigen stellt sich bei aller Freude darüber, dass unsere Bemühungen endlich gefruchtet haben dennoch die Frage: Wie kann es sein, dass man Regelungen pauschal über eine Bevölkerung stülpt ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass es immer auch Ausnahmen geben muss? Und 1,75 Millionen Menschen mit Hörschädigung sind nun mal keine kleine Minderheit! 9 Monate für einen Lösungsansatz, der sich in einem einzigen Satz zusammenfassen lässt ist schon ein starkes Stück!
Gerade am internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 03. Dezember 2020 wollen wir noch einmal klar machen, dass Erlässe und Verordnungen dieser Art gerade für behinderte Menschen und vulnerable Gruppen generell (wissend, dass wir in uns in keiner alltäglichen Situation befinden) immer mit Augenmaß, Pragmatismus und unter Einbindung von Interessensvertretungen erfolgen sollen und müssen!
* Mag. Harald Tamegger/ÖSB