Sehr geehrte Damen und Herren!
Seit drei Jahrzehnten setzen wir uns mit dem ÖSB für die Belange einer der größten Gruppen von Menschen mit Behinderungen ein: Obwohl in Österreich rund 1,7 Mio. Menschen mit einer Hörbehinderung leben, wird dieser Zielgruppe nach wie vor recht wenig Beachtung geschenkt.
Viele Betroffene wissen nichts von ihrer Hörminderung, viele wollen davon nichts wissen und manche wollen sie verdrängen, wenn sie könnten. Aber eines ist allen gemeinsam: Übergangene Schwerhörigkeit führt in die soziale Isolation, wenn man keine Hilfe in Anspruch nimmt. Denn Hören stellt die Grundlage der menschlichen Kommunikation dar.
Wir alle haben unsere Muttersprache über den hörgerichteten Weg erworben und sprechen gelernt. Und so sprechen wir die Sprache unserer Gesellschaft. Hören bedeutet dazugeHÖREN – Gutes Hören ist die Grundvoraussetzung für eine gelingende Kommunikation, gegenseitiges Verstehen und eine vertrauensvolle Umweltbeziehung. Wir Schwerhörige arbeiten tagtäglich hart an der Verbesserung unserer Fähigkeiten, um dazu zu geHÖREN.
Hier kommt dem ÖSB Dachverband als Zusammenschluss unterschiedlicher Schwerhörigenvereine und Selbsthilfegruppen eine wesentliche Rolle zu: Wir machen auf Hindernisse aufmerksam, die einer aktiven Partizipation in der hörenden Welt im Alltagsleben im Wege stehen. Deshalb ist es dem ÖSB Dachverband als Interessensvertreter sehr wichtig, die Gesellschaft über die Anliegen dieser Zielgruppe aber auch die Betroffenen selbst zu informieren, zu sensibilisieren und zu beraten.
Unser Ziel ist eine adäquate hörtechnische Versorgung aller Hörbeeinträchtigten, ihre Gleichstellung in allen Bereichen der Bildung, des beruflichen, gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Lebens. Wir sind ein Kompetenznetzwerk und bieten unseren Mitgliedsorganisationen und PartnerInnen Kontakte und Vernetzung mit EntscheidungsträgerInnen aus Politik, Medizin, Wirtschaft und dem Sozialbereich an.
Wir forcieren die Schaffung von Rahmenbedingungen, um den Einsatz, die Finanzierung und die Versorgung mit Hörtechnologien, hörtaktischen Maßnahmen und Rehabilitation zu gewährleisten.
Folgende Projekte konnte der ÖSB – Dachverband erfolgreich umsetzen:
• Im Rahmen eines EU Projekts konnten wir die Ausbildung zum Schriftdolmetsch mit den Ländern Deutschland und Slowakei durchführen und anschließend die Etablierung von SchriftdolmetscherInnen in Österreich umsetzen, sowie den Aufbau einer trans.SCRIPT Vermittlungszentrale für SchriftdolmetscherInnen aufbauen und Individualförderungen für Betroffene dafür erzielen
• Aktive Mitarbeit in diversen sozialpolitischen Gremien (Politik, Sozial- & Gesundheitswesen, Pädagogik, Interessensvertretungen, etc.) zur Verbesserung der Situation schwerhöriger Menschen in Österreich
• Mitwirken bei der Novellierung der UN-Behindertenrechtskonvention, Einschätzungsverordnung zum Grad der Behinderung, Ö- Norm B 1600 ff, Nationaler Aktionsplan, div. Bauprojekte bezüglich akustischer Barrierefreiheit
• Durchführung eines ÖSB Symposiums, der EFHOH Konferenz und individuelle Seminare und Workshops für Betroffene, Interessierte, SelbsthilfegruppenleiterInnen und MitarbeiterInnen der Technischen Assistenzen und Beratungsstellen
• Mithilfe bei Sicherstellung und Ausbau der geförderten Schwerhörigen-Beratungsstellen in den Bundesländern Österreichs
• Publizierung Zeitschrift Sprachrohr und diverser Fachfolder, Broschüren sowie Produktion und Distribution von Hilfsmitteln wie Armschleifen & Buttons für Schwerhörige
• Kooperation mit Schwerhörigenvereinen & -gruppen in ganz Österreich und auf internationaler Ebene
Ein wichtiger Teil unserer ehrenamtlichen Tätigkeit ist die Öffentlichkeitsarbeit, um für die Thematik Schwerhörigkeit zu sensibilisieren und die Anliegen der Betroffenen auf gesellschaftspolitischer Ebene zu vertreten.
Aufgrund der CoVid-19 Situation hat der ÖSB einen offenen Brief an Gesundheits- & Sozialminister Rudolf Anschober, an die Bundesregierung, Ärztekammer, Sozialversicherungsträger bezüglich der MNS-Masken gerichtet. Da Schwerhörige trotz guter Versorgung mit Hörsysteme auf das Mundbild angewiesen sind, fordern wir von den politisch Verantwortlichen eine ideale Lösung für die Sicherheit und Kommunikation bei Arztbesuchen, in Krankenanstalten, in allen öffentlichen Bereichen, etc.
Die wichtigsten Bereiche für uns sind aber die weitere Forcierung und Umsetzung von akustischer Barrierefreiheit (Induktive Höranlagen sind Teil der Ö-Norm B1600 und für die Raumakustik die Ö-Norm B-8115) sowie die Etablierung einer gezielten „HÖR-Rehabilitationsmöglichkeit“ in Österreich für Schwerhörige, Spätertaubte und für Patient/innen nach einer Cochlea Implantation.
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass Schwerhörigkeit als Sinnesbehinderung endlich ernst und wahrgenommen wird. Dass man hörbeeinträchtige Menschen mehr soziale Integration und Solidarität in Schule, Aus- und Weiterbildung, Beruf, auch auf der Hochschulebene entgegenbringt, und ihnen eine verstärkte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht, die Problematik der Schwerhörigen anerkennt und sie als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft akzeptiert! Ganz im Sinne der UN-Konvention der Rechte der Menschen mit Behinderungen.
Ich bedanke mich beim gesamten Team des ÖSB – Dachverbandes für
seinen ehrenamtlichen Einsatz im Sinne der Betroffenen.
Herzlichst
Mag. Brigitte Slamanig
(ÖSB-Präsidentin)
Klagenfurt, am 28. August 2020